Die acht Weltsätze
des Meisters Johannes Baader über die Ordnung der Menschheit im Himmel nebst Erklärungen desselben

Es hat angefangen ein neuer Akt der göttlichen komödie, und sein Leitspruch lautet: Die Menschen wissen, daß sie im Himmel sind. Die Menschen sind Engel und leben im Himmel. Sie selbst und alle Körper, die sie umgeben, sind Weltallkumulationen gewaltigster Ordnung. Ihre chemischen und physikalischen Veränderungen sind zauberhafte Vorgänge, geheimnisvoller und größer als jeder Weltuntergang oder jede Weltschöpfung im Bereich der sogenannten Sterne. Jede geistige und seeliche Äußerung oder Wahrnehmung ist eine wunderbarere Sache als das unglaublichste Begebnis, das die Geschichten von Tausendundeine Nacht schildern. Alles Tun und Lassen der Menschen und aller Körper geschieht zur Unterhaltung der himmlichen Kurzweil als ein Spiel höchster Art, das so vielfach verschieden geschaut und erlebt wird, als Bewußtseinseinheiten seinem Geschehen gegenüberstehen. Eine Bewußtseinseinheit ist nicht nur der Mensch, sondern auch alle die Ordnungen von Weltgestalt, aus denen er besteht und inmitten deren er lebt, als Engel. Der Tod ist ein Märchen für Kinder, und der Glaube an Gott war eine Spielregel für das Menschenbewußtsein während der Zeit, da man nicht wußte, daß die Erde ein Stück des Himmels ist wie alles andere. Das Weltbewußtsein hat keinen Gott nötig. Wo anders sollen wir sein als im Himmel? Nennen Sie mir ein größeres Wunder als das Dasein der Welt und des Menschen. Was ist ein Weltall und eine Weltallkumulation? Der biologischen Wissenschaft gelang es auszurechnen, wie viele Milliarden von Weltall-Kosmen in einer einzigen Zelle der menschlichen Leber kreisen. Es sind 227 000 Milliarden. Soviele Moleküle sind notwendig, damit das einzige Stäubchen von Zelle, das sie enthält, so arbeite, wie der gesunde Mensch es von den Zellen seiner Leber gewohnt ist. Wie groß sind diese Moleküle? Steigen Sie ein in das Himmelsflugzeug, das über den Mond und die Sterne fortfliegt. Und weit über den Sternkranz der Milchstraße weg in den leergesehenen Weltraum. Sehen Sie, wie die Erde klein wird, und der Mond und die Sonne. Und wie der Sternkranz der Milchstraße als Strich verschwunden und zu einem Pünktchen geworden, das vor uns flimmert. Hätten wir aber vergessen, daß wir von dort her kamen; vergessen, daß wir and Monden und glühenden Sonnen vorbeireisten, aus einer Welt, darinnen es Dinge gab, wie den Deutschen Reichstag und den Deutschen Kaiser und Nationen, die sich zerfleischten in zerbrochenen Wäldern, und sich töteten mit giftigen Gasen, und sich ertränkten in wogenden, wasserspritzenden Weltmeeren; hätten wir alles vergessen und stünden wir mit dem Auge des unbeschwert Neugeborenen im Weltenflugzeug und sähen das zitternde flimmernde Pünktchen still vor uns schwimmen; wer wollte uns sagen, daß dieser Punkt mehr wäre als der letzte glühende Funke am Zündholz, das wir nach Tisch bei unserer Zigarre achtlos hinaus in das fressende Dunkel des Raums werfen. Beides ein Punkt, der nur darum klein ist, weil wir mit oberflächlichem Maßstab messen und eine Weltstrecke von ihm entfernt sind Wohnen wir innen in beider Gehäuse und messen wir mit dem Maßstab des Innern, so ist der Milchstraßenpunkt und der Streichholzfunke und das Molekül von der gleichen unmeßbaren Weltgröße.